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Die besonderen Herausforderungen beim Jobsharing

Frau Prof. Dr. Alewell ist Expertin für Personalwirtschaft an der Universität Hamburg. Sie erläutert den Unterschied zwischen „echtem“ und „unechtem“ Job Sharing und erläutert, wann dieses Modell funktionieren kann.

Frau Prof. Dr. Alewell ist Expertin für Personalwirtschaft an der Universität Hamburg. Sie erläutert den Unterschied zwischen „echtem“ und „unechtem“ Job Sharing und erläutert, wann dieses Modell funktionieren kann.

10.08.2016 aus der Themenreihe JOBSHARING

JOBVERDE.de: Frau Prof. Dr. Alewell, wie verbreitet ist Jobsharing aktuell in Deutschland?

PROF. DR. DOROTHEA ALEWELL: „Echtes“ Job Sharing wird wenig angewendet in Deutschland. Das liegt daran, dass für das gute Funktionieren dieses Modells hohe Hürden zu überwinden sind. „Unechtes“ Jobsharing, in dem Sinne, dass sich zwei relativ unabhängig voneinander arbeitende Teilzeitarbeitnehmer einen Vollzeitjob teilen, gibt es da schon häufiger.

Welche Hürden müssen überwunden werden?

Echtes Job Sharing bedeutet ja im Kern, dass der Arbeitgeber bezüglich der zeitlichen und ggf. auch fachlichen Arbeitsteilung zwischen zwei oder mehr Jobsharern sein Weisungsrecht zugunsten eines  gemeinschaftlichen Selbstorganisationsrechts der Job Sharer zurückzieht. Im Kern wird Arbeit, die sonst von den Führungskräften als Teil ihrer Führungsarbeit erledigt wird, auf die (zwei oder mehr) Jobsharer delegiert.

Damit die Arbeitsteilung klappt, müssen die Job Sharer sich also gut koordinieren und ergänzen und sehr verantwortlich handeln, damit die Leistungsprozesse ungestört laufen können. Auch Aushandlungen der jeweiligen zeitlichen und fachlichen Arbeitsteilung auf Augenhöhe, ohne dass eine Seite „über den Tisch gezogen wird“, gehören dazu, genauso wie die Entwicklung gemeinsamer Standards bei der Durchführung der Aufgaben. Eine wichtige Voraussetzung ist auch, dass die Arbeitszeitpräferenzen der Sharer sich gut ergänzen. Stellen Sie sich z.B. einmal vor, zwei Elternteile mit Kleinkindern in der gleichen KITA teilen sich einen Job – und wann immer eine Infektionswelle rollt, sind die Kinder gleichzeitig krank und beide Sharing-Partner möchten zu Hause bleiben und vertreten werden. Das kann dann schon schwierig werden.  Aber vielleicht löst man das Problem auch – indem ein Sharing-Partner alle kranken Kinder gemeinsam zu Hause betreut. An dem Beispiel wird deutlich - einen Jobsharing-Partner bzw. eine Job-Sharing-Partnerin zu finden, bei der alles passt, gleicht häufig fast der berühmten Nadel im Heuhaufen.

Wenn die Abstimmung nicht gut funktioniert bzw. irgendwelche Voraussetzungen nicht gut passen, stellt das zugleich ein Risiko für den Arbeitgeber dar, weil die Leistungsprozesse dann gestört werden können.  Gleichzeitig schützt aber das Arbeitsrecht die Arbeitnehmer vor zu hohen Anforderungen an die gegenseitige Vertretungspflicht. Insofern ist das ein Modell, was zwar im Einzelfall hervorragend funktionieren kann, aber eben an schwer zu erfüllende Voraussetzungen gebunden ist und für den Arbeitgeber nicht sorgenlos ist.

Welche Vorteile bietet dieses Arbeitszeitmodell für Arbeitnehmer?

Wenn alles passt, kann das Modell viel Freiheit und Flexibilität zur Anpassung von Arbeitszeit und Tätigkeit an individuelle Bedürfnisse bieten – in gemeinschaftlicher Absprache mit dem Sharing-Partner.  

Haben Unternehmen auch Vorteile dadurch und stimmt es, dass zwei in der gleichen Zeit mehr schaffen als einer allein?

Auch hier gilt, wenn alles passt und gut läuft, kann das Unternehmen zwei (oder mehr) zufriedene Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer gewinnen, die flexibel arbeiten können sich im Idealfall ohne weiteren Aufwand für das Unternehmen selbst untereinander abstimmen. Möglicherweise spart das Unternehmen Führungsarbeit ein, motiviert Arbeitnehmer sehr stark und bindet zugleich dieses motivierte Personal an das Unternehmen.

Gibt es auch Nachteile?

Jobsharing kann sehr konfliktträchtig sein. Bei unterschiedlicher Durchsetzungs- oder Verhandlungsfähigkeit der Jobsharing-Partnerinnen und - Partner kann es leicht passieren, dass eine Seite übervorteilt wird oder sich so fühlt.

Worauf sollte ein Team achten, das sich einen Arbeitsplatz teilt oder teilen möchte?

Wie gesagt, die Anforderungen an die Koordination und Abstimmung untereinander sind hoch. Das muss von den fachlichen und sozialen Qualifikationen her, von den Persönlichkeiten und der Durchsetzungsfähigkeit und den Bedürfnissen bezüglich der Arbeitszeit her gut passen.

Ist das Jobsharing-Modell grundsätzlich für jedes Unternehmen geeignet?

Ob die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, hängt nicht so sehr vom Unternehmen, als vielmehr von dem einzelnen Arbeitsplatz und den Personen, die das Jobsharing miteinander wagen wollen ab. grundsätzlich sollte das in jedem Unternehmen möglich sein – aber gleichzeitig gibt es immer nur sehr wenige spezielle Konstellationen innerhalb eines Unternehmens, wo Jobsharing wirklich erfolgreich funktioniert.

Welches andere Arbeitszeitmodell wird sich in Zukunft Ihrer Meinung nach verstärkt durchsetzen?

Die Digitalisierung führt schon heute dazu, dass von diversen Orten aus über Online-Verbindungen gearbeitet werden kann. Telearbeit, ganz besonders in Form  sog. Alternierender Telearbeit, bei der abwechselnd von außerhalb und innerhalb des Unternehmens gearbeitet wird, wird sich daher sicher noch stärker durchsetzen als bisher. Telearbeit ist zwar kein Arbeitszeitmodell im engeren Sinne, kann aber mit einer deutlichen Flexibilisierung und Individualisierung der individuellen Arbeitszeiten und Einsparung von Wegezeiten verbunden sein.



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