Grüne Wirtschaft

Revolution im Bereich der Naturfarben

„Es ist uns gelungen, eine ökologische Wandfarbe in einer ganz neuen Qualitätsstufe zu entwickeln“, erklärt Dr. Markus Lettau, Leiter für Forschung & Entwicklung der AURO Pflanzenchemie AG.

„Es ist uns gelungen, eine ökologische Wandfarbe in einer ganz neuen Qualitätsstufe zu entwickeln“, erklärt Dr. Markus Lettau, Leiter für Forschung & Entwicklung der AURO Pflanzenchemie AG.

11.02.2016

UMWELTHAUPTSTADT: Herr Lettau, mit der Plantodecor Premium-Wandfarbe präsentiert AURO eine Weltneuheit im Bereich der Naturfarben. Sie sprechen von einer regelrechten Revolution - welche Innovation steckt dahinter?

DR. MARKUS LETTAU: Es ist uns gelungen, eine ökologische Wandfarbe in einer ganz neuen Qualitätsstufe zu entwickeln. Deckkraft, Nassabrieb und Dampfdurchlässigkeit sind bei der Premium-Wandfarbe jeweils in Klasse 1 eingestuft. Das hat unser selbst entwickeltes biogenes Bindemittel Replebin® möglich gemacht. Durch eine neue Rohstoffbasis müssen wir keine Öle, wie z. B. Leinöl, mehr einsetzen und haben nun ein rein physikalisch trocknendes Bindemittel vorliegen. Dadurch ist die Wandfarbe lösemittelfrei und nahezu emissionsfrei, sie hat zudem eine kürzere Trocknungszeit nach dem Streichen, und lässt sich zudem auf fast allen Untergründen im Innenraum auftragen. Auch bleibt die Farbe dauerhaft weiß, ein weiterer Vorteil des physikalisch trocknenden Bindemittels gegenüber trocknenden Ölen. Unsere Philosophie ist, ökologische Anstrichstoffe aus pflanzlichen und mineralischen Rohstoffen herzustellen, dabei konsequent auf Zusätze, gewonnen aus Erdöl, zu verzichten. Replebin® besteht aus Pflanzenalkoholestern, die aus Zuckern sowie organischen Säuren gewonnen werden. Das Bindemittel wurde in den AURO Laboren entwickelt und wird nun in einer eigenen Produktionsanlage am Standort Braunschweig produziert. Wir sind damit einer von zwei Farbproduzenten in Deutschland, die auch ein eigenes Bindemittel herstellen. Inzwischen findet sich Replebin® in allen Produkten, die im Innenbereich eingesetzt werden können, wie Wandfarben, Putze oder auch Vollton- und Abtönfarben.

Welche grundsätzlichen Risiken birgt die Verwendung von konventionellen Farben und welche Vorteile hat der Einsatz von Naturfarben?

Konventionelle Farben beinhalten oft synthetische Stoffe die aus Erdöl hergestellt werden. Für die aus der Retorte entstandenen Substanzen gibt es in der Natur kein Vorbild und ohne echte Langzeiterfahrung kommen sie in die Nähe der Nutzer. Viele tragische Beispiele der jüngeren Vergangenheit (synthetische Holzschutzwirkstoffe, Weichmacher, Lösemittel, Konservierungsstoffe, Treibgase usw.) zeigen, dass diese Inhaltsstoffe nicht ungefährlich sind. Zudem kommt noch, dass Erdölprodukte nicht als erneuerbare und in absehbarer Zeit erschöpfte Ressource nicht zu den Bedingungen eines endlichen Globus passen. Naturfarben lassen sich aus erneuerbaren Quellen, aus pflanzlichen und mineralischen Stoffen herstellen. Aus Stängeln wird Zellulose gewonnen, aus Blättern Farbstoffe, Wachse aus Blattoberflächen, Fette und Eiweiße aus Früchten, Duftstoffe und Harze werden aus Blüten erzeugt. Dadurch wird die Diversität der lebendigen Biosphäre, deren stoffliche Dynamik ausschließlich auf Sonnenenergie beruht, genutzt und gefördert. Naturfarben sind frei von synthetischen Lösungsmitteln und Schadstoffen und schaffen ein gesundes Raumklima. Durch die AURO-Produktentwicklung mit dem biogenen Bindemittel ist es der AURO-Forschung gelungen noch bessere technische Qualität zu entwickeln.

Welche Eigenschaften sollte eine Wandfarbe haben, die höchste Ansprüche an Qualität und Umweltverträglichkeit stellt? Worauf sollten Verbraucher generell achten?

Auch ökologische Farben müssen sich in ihrem Leistungsspektrum dem konventionellen Wettbewerb stellen. Wichtig ist, den genauen Einsatzzweck einer Wandfarbe zu kennen. Je nach zu erwartender Beanspruchung fällt dann die Wahl auf eine bestimmte Qualität. In hoch beanspruchten Räumen, z. B. öffentliche Gebäude ist die Beanspruchung sicher höher als in privaten Räumen. Hier kann man dann die Wahl einer bestimmten Abriebsklasse treffen. Für den privaten Anwender ist sicher die Deckkraft einer Farbe wichtig, um im ersten Anstrich bereits zu einem gut deckenden Ergebnis zu kommen. Hierdurch erspart man sich einen zweiten Arbeitsgang. Es besteht die Möglichkeit, dass z. B. für den Einsatz in Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen eine Farbe auch stabil gegenüber Desinfektionsmitteln sein muss. Mit unserer Plantodecor® Premium Wandfarbe erfüllen wir auch solche hohen Ansprüche. Verbraucher sollten zudem auf die Deklaration der Inhaltsstoffe achten. Begriffe wie „Natur“ und „Bio“ sind heute so positiv besetzt, dass sie vielfach auch aus dem eigentlich Kontext heraus genutzt werden. Nicht allein das Angebot, sondern auch die Vielfalt der Sicherheit suggerierenden Labels auf Wandfarben, Lacken, Lasuren, Ölen oder Wachsen ist groß. Vielfach kapitulieren sowohl der Kunde als auch der Berater im Handel davor. Hersteller, die ihre Farben trotz großer Anteile petrochemischer Inhaltsstoffe als „Naturfarben“ bezeichnen, erkennt man oft schon durch das völlige Fehlen einer solchen Volldeklaration oder durch wenig aussagekräftige Negativdeklarationen. Das bedeutet, dass der Hersteller nur angibt, was nicht enthalten ist, zum Beispiel ‚ohne schädliche Inhaltsstoffe’. Tauchen beispielsweise die Worte Isoaliphate, Isoparaffine, Epoxy oder Polyurethan in der Zusammensetzung auf, handelt es sich eindeutig um petrochemische Bestandteile.

Können Verbraucher generell zu Naturfarben als Alternative zu herkömmlichen Produkten greifen oder müssen Sie für manche Verwendungszwecke Abstriche bei der Qualität hinnehmen zu Gunsten einer hohen Umweltverträglichkeit?

Naturfarben stellen eine wirkliche Alternative zu konventionellen Produkten dar. Im Hinblick auf Qualität stehen Naturfarben den herkömmlichen Farben in nichts nach. Deckkraft, Verarbeitung und eine vielseitige Farbpalette sind genauso gegeben wie bei konventionellen Farben. Durch die Verwendung von Replebin® als Bindemittel können wir die gleiche technische Qualität wie der konventionelle Wettbewerb bieten. Interessanterweise können wir die ökologischen Alternativen konventioneller Wettbewerber nicht nur in technischer Hinsicht überbieten sondern zudem auch oftmals in der Preisgestaltung.

An welchen aussagekräftigen Siegeln kann man sich beim Kauf von Naturfarben orientieren?

Die Bewertungen der verschiedenen Tests und Siegel widersprechen sich oft, da meistens wirtschaftliche oder wettbewerbliche Interessen dahinter stehen. Die Erfüllung der Kriterien ist oftmals mehr oder minder schwer. Zudem unterscheiden sich die Anforderungen teilweise sehr deutlich und sind untereinander nicht vergleichbar. Der Firmengründer von AURO, Dr. Hermann Fischer hat viele Jahre damit verbracht, in verschiedensten Institutionen an der Entwicklung solcher Kriterien mitzuarbeiten. Seiner Meinung nach gibt es keine zuverlässige Labels, an denen man gute ökologische Produkte erkennt. Deshalb verzichtet AURO auf Siegel und zieht die Konsequenz daraus. Das Siegel bei AURO heißt „AURO“. Dahinter stecken viele Jahrzehnte nachgewiesener ökologischer Konsequenz und die guten Erfahrungen von zigtausenden zufriedener und immer wiederkehrender Kunden.

Wissen Sie, wie viele Menschen heutzutage bei der Einrichtung oder Renovierung auf Gesundheit und Natur achten?
Erkennen Sie einen Aufwärtstrend, was nachhaltiges Wohnen betrifft?

„Gesundes Wohnempfinden“ in Innenräumen ist bei den Verbrauchern ein zentrales Thema geworden, das immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, immer mehr Menschen legen z. B. Wert auf gesundes Essen und möchten sich zusätzlich und ganzheitlich mit natürlichen Baumaterialien rund um das Haus wohlfühlen. Da gehören Wandfarben, Öle, Lacke und Lasuren einfach dazu.

Wer zählt aktuell zu Ihren Kunden und welche Zielgruppen möchten Sie gerne noch erreichen?

Zu unseren Kunden zählen bewusste Menschen und Familien, die Wert auf Gesundheit, Umwelt und Nachhaltigkeit legen. Verantwortungsvolles Agieren und bewusstes Leben gehören dazu. Erreichen würden wir gern noch mehr Handwerker wie Maler und auch die Architekten. Insofern möchten wir auch die professionellen Anwender von Lacken und Farben erreichen.

Was steckt hinter der AURO-Rohstoffphilosophie?

Auf die Idee kam der AURO-Gründer Dr. Hermann Fischer kurz nach Beginn seines Chemiestudiums an der Technischen Universität Hannover. Anfang der 70er-Jahre erkannte Fischer, dass der übliche Karriereweg in der chemischen Großindustrie für ihn nicht infrage kam, und begann sich mit dem Konzept von chemisch-technischen Alltagsprodukten aus nachwachsenden Grundstoffen zu beschäftigen. Dabei spielten nicht nur ökologische Motive eine Rolle, sondern auch sinnästhetische: Synthetische Farben z. B. erschienen ihm zu grell und anonym, konventionelle Lacke schaffen eine künstliche Haptik usw.. All diese Aspekte galt es auszubalancieren und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit sicherzustellen. Das ist außerordentlich gut gelungen! Wir stellen Anstrichstoffe, aus pflanzlichen und mineralischen Rohstoffen her. Denn Pflanzen bieten eine unermessliche Vielfalt von Grundstoffen zur Farbherstellung, die alle vollständig biologisch abbaubar sind. Jede einzelne Pflanze stellt eine hoch effiziente Chemiefabrik dar, die ihre Produkte völlig abfallfrei herstellt. Wir zeigen schon heute, wie die Zukunft der Farbchemie ohne Erdöl aussehen kann.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im Unternehmen selbst, abgesehen von den Produkten?

Auch hier leben wir das Thema Nachhaltigkeit. Die Büros sind mit Naturholzmöbeln ausgestattet. Weitere Symbole sind die eigene Bücherei mit Werken mit Kultur- und Chemiegeschichte im Sitzungsraum, biologischem Kaffee und Kekse kommunizieren die Philosophie. Auf dem Dach der Produktion ist eine Photovoltaik-Anlage, Warmwasser wird ebenfalls über Sonnenenergie erzeugt, die Grünflächen auf dem Gelände werden nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet. Zur Bewässerung der Pflanzen wird Wasser aus der Regenwassersammlung entnommen. Die Umweltorganisation im Unternehmen selbst ist gekennzeichnet durch eine sehr flache Hierarchie – vom Vorstand direkt über die Bereichsleiter an die Belegschaft und umgekehrt. Dadurch wird eine schnelle und effektive Umsetzung aller Beschlüsse ermöglicht, die den Betrieb in ökologischer und ökonomischer Hinsicht auszeichnen.

Verraten Sie uns, ob in absehbarer Zeit weitere Innovationen aus Ihrem Hause folgen werden?

Momentan sind wir mit der Weiterentwicklung des Bindemittels beschäftigt um neben den Qualitäten für Innenräume auch Produkte wie Lacke und Lasuren für den Außenbereich entwickeln zu können. Daneben beschäftigen wir uns auch sehr stark mit der Thematik neue Rohstoffe für die eigene Bindemittelproduktion zu erforschen und zu entwickeln. Hier stehen wir in Kontakt zu namhaften Forschungsinstituten um auf diesem Gebiet gemeinsam erfolgreich zu sein. Wir bedienen uns hier auch, wie bereits bei der Entwicklung des Bindemittels Replebin® , der Möglichkeit der öffentlichen Förderlandschaft. So ist die bisherige Entwicklung mit Unterstützung des BMWi erfolgt.

Des Weiteren entwickeln wir momentan eine Dispersionssilikatfarbe, die die Vorteile aus zwei Welten zusammenbringen soll. Wir werden unser eigenes Bindemittel mit den bewährten Silikatbindern kombinieren und auch hier in naher Zukunft eine nachhaltige Alternative zu den konventionellen Produkten bereitstellen.


KONTAKT

AURO Pflanzenchemie AG    
Nadine Schrader                                                                                      
Alte Frankfurter Str. 211                
D-38122 Braunschweig                                                                                                             
Fon +49 (531) 28141-32
Fax  +49 (531) 28141-61
www.auro.de



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