Grüne Wirtschaft

Im Interview: Kerstin Neuber, Unternehmenssprecherin der Puma SE

Kerstin Neuber: „Wir glauben, dass nachhaltige Mode kein Nischenmarkt mehr ist, sondern dass Nachhaltigkeit in der Strategie, Produktentwicklung und Herstellung einiger Unternehmen, Marken und Lieferketten bereits fest verankert ist".

Kerstin Neuber: „Wir glauben, dass nachhaltige Mode kein Nischenmarkt mehr ist, sondern dass Nachhaltigkeit in der Strategie, Produktentwicklung und Herstellung einiger Unternehmen, Marken und Lieferketten bereits fest verankert ist".

Das Interview führte Marcus Noack

UMWELTHAUPTSTADT.de: Wie groß ist der Anteil an ECO-Fashion bei Puma?

Kerstin Neuber:
Im Jahr 2010 haben wir uns das Ziel gesetzt, bis 2015 50% aller internationalen Kollektionen von PUMA aus nachhaltigeren Materialien wie Bio-Baumwolle, Cotton Made in Africa-Baumwolle oder recyceltem Polyester herzuherstellen. 2012 bestanden bereits 20% unserer internationalen PUMA-Kollektionen aus nachhaltigeren Materialien, so dass wir uns auf einem guten Weg befinden, unser Ziel bis 2015 zu erreichen. 


Was meinen Sie, wird Eco-Fashion ein Mega-Trend oder bleibt es ein Nischen-Markt?

Kerstin Neuber:
Wir glauben, dass nachhaltige Mode kein Nischenmarkt mehr ist, sondern dass Nachhaltigkeit in der Strategie, Produktentwicklung und Herstellung einiger Unternehmen, Marken und Lieferketten bereits fest verankert ist. Oftmals werden Produkte auch gar nicht mehr explizit als nachhaltig gekennzeichnet, sondern umweltfreundliche Materialien sind ein genauso integraler Bestandteil der Textilie oder des Schuhs wie Stilrichtung, Schnitt oder Farbe. Und wie Naomi Harris in ihrem nachhaltigen Kleid aus Bio-Seide und recycelten Materialien bei der diesjährigen Oscar-Verleihung bereits unter Beweis stellte: Nachhaltige Mode trifft man heute bereits auf dem roten Teppich an.


Die meisten Global-Player sind nicht wirklich bekannt für Nachhaltigkeit, zumindest in den Köpfen der Leute. Können Sie diese Aussage widerlegen?

Kerstin Neuber:
Dass unsere Nachhaltigkeitsinitiativen unbeachtet bleiben, können wir so nicht bestätigen. Im Jahr 2008 haben wir PUMAs Nachhaltigkeitskonzept PUMAVision eingeführt. Im Jahr 2010 haben wir ehrgeizige Umweltziele definiert, die wir bis zum Jahr 2015 erreichen wollen. So wollen wir bis 2015 CO2- Emissionen, Abfall sowie den Verbrauch von Wasser und Energie um 25% senken. Den Papierverbrauch wollen wir sogar um 75% reduzieren. Und wir arbeiten daran, 50% aller internationaler Kollektionen von PUMA bis 2015 aus nachhaltigeren Materialien wie Bio-Baumwolle, Cotton Made in Africa-Baumwolle oder recyceltes Polyester herzustellen. Dadurch wird Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil der DNA von PUMA und ist tief in unserer Wertschöpfungskette verankert. 2010 haben wir unsere Clever Little Bag, ein nachhaltiges Verpackungskonzept eingeführt, das den traditionellen Schuhkarton ersetzt. 2011 haben wir als erstes Unternehmen die PUMA ökologische Gewinn- und Verlustrechnung veröffentlicht, die die Umweltkosten eines Unternehmens ermittelt und beziffert. Ein Jahr später, 2012, haben wir diese Analyse auf die Produktebene erweitert und die Umweltkosten für zwei nachhaltigere PUMA-Produkte mit den Umweltkosten zweier herkömmlicher PUMA-Produkte verglichen. Diese Initiativen wurden in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem 2011 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis für die für die "nachhaltigste Zukunftsstrategie". Und mit unserer biologisch abbaubaren und recyclefähigen Kollektion PUMA InCycle, die wir in diesem Jahr eingeführt haben und die seit Beginn des Monats im Handel erhältlich ist, werden wir ab sofort auch als Marke und nicht nur als Unternehmen für den nachhaltig-orientierten Kunden relevant.


Puma möchte fair, ehrlich, positiv and kreativ sein. Was bedeuten diese Aussagen für die Lieferkette, die Arbeitsbedingungen and die Produktionsstätten?

Kerstin Neuber:
Wir bei PUMA sind uns als international tätiger Konzern der Verantwortung gegenüber allen Mitarbeitern in unserer Lieferantenkette bewusst. 1993 haben wir einen Verhaltenskodex eingeführt, der für alle Zulieferbetriebe von PUMA die Achtung von Mindeststandards auf Basis der Menschenrechte fordert, jegliche Beschäftigung von Kindern unter 15 Jahren untersagt, Respektierung der Gleicheit verlangt und die Zahlung aller gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne und Zuschläge - beispielsweise für Überstunden - regelt. Die strikte Umsetzung der Vorgaben des Kodex garantieren zwölf Auditoren unseres PUMA.Safe-Teams, deren Aufgabe es ist, weltweit alle für PUMA tätigen Zulieferbetriebe in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Dabei kontrollieren unsere Mitarbeiter nicht nur die Bezahlung der Mindestlöhne, sondern auch die korrekte Vergütung von Überstunden und die Erbringung anderer in dem jeweiligen Land vorgeschriebener Leistungen, wie beispielsweise Beiträge zur Sozialversicherung. Die Bezahlung der Arbeiterinnen und Arbeiter richtet sich nach dem landesüblichen Lohnniveau. Die Bezahlung des gesetzlichen Mindestlohns ist durch diese Vorgehensweise auf jeden Fall garantiert. Selbstverständlich werden auch alle anderen Vorgaben unseres Verhaltenskodex überprüft, wie beispielsweise die Einhaltung der vorgeschriebenen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von maximal 60 Stunden. Falls in einem Zulieferbetrieb die Zahlung von Mindestlöhnen nicht eingehalten wird oder andere schwerwiegende Verletzungen unseres Verhaltenskodex festgestellt werden, fordert PUMA den Lieferanten unverzüglich auf, den Verstoß umgehend zu beheben. Kommt der Lieferant der Aufforderung wiederholt nicht nach, so behält sich PUMA als letzte Konsequenz vor, die Zusammenarbeit mit der betroffenen Fabrik einzustellen. Da wir unsere Verantwortung in Bezug auf die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards in seiner Lieferantenkette sehr ernst nehmen, haben wir in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Zulieferern beendet. Seit Anfang 2004 ist PUMA Mitglied der Fair Labor Association (FLA), einer gemeinnützigen Organisation, die sich für faire Arbeitsbedingungen in Fabriken weltweit einsetzt. Bestandteil dieser Mitgliedschaft ist, dass PUMA-Fabriken durch unabhängige, dritte Institutionen unangekündigt auf die Einhaltung von Mindeststandards überprüft werden. Die Ergebnisse dieser externen Kontrollen werden auf der Homepage der FLA veröffentlicht.

Zudem befinden wir uns derzeit in einem aktiven Dialog mit der FLA, um eine Lösung zur Zahlung existenzsichernder Löhne zu finden. Dazu haben wir die durchschnittlichen Lohnniveaus bei unseren Kernzulieferern in verschiedenen Ländern analysiert. Hierbei haben wir festgestellt, dass die Mehrheit der Zulieferer im Durchschnitt höhere Löhne zahlt als die national festgelegten Mindestlöhne. Dennoch haben wir unsere strategischen Produktionspartner dazu verpflichtet, an einer Lohnanalyse durch die FLA teilzunehmen. Die Ergebnisse dieser Analyse werden in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ausgewertet. In Abhängigkeit von den erzielten Ergebnissen sind weitere Schritte geplant, um das Lohnniveau zu erhöhen.

Das Recht auf Gewerkschaftsfreiheit ist ebenso wie die Vereinigungsfreiheit über den PUMA-Verhaltenskodex eindeutig und wird durch die Auditoren von PUMA.Safe entsprechend überprüft. Allerdings kann es hier in Ländern wie China zu gesetzlichen Einschränkungen kommen, die nicht im Einflussbereich von uns oder unseren Lieferanten liegen. In solchen Fällen verlangen wir von unseren Zulieferern, über frei gewählte interne Gremien wie beispielsweise einen Arbeitssicherheitsausschuss oder ein "Worker Welfare Committee", parallele Strukturen der freien Mitarbeitervertretung zu realisieren. Auch in Freihandelszonen erwarten wir von unseren Herstellern die Etablierung von freien Mitarbeitervertretungen.

Wie Sie an unseren zahlreichen und breitgefächerten Bemühungen erkennen können, sind wir stark daran interessiert, die allgemeinen Beschäftigungsverhältnisse bei unseren Zulieferbetrieben zu verbessern. Daher setzen wir auch konkret auf langfristige Partnerkonzepte, die einen stetigen Planungsprozess gewährleisten und sowohl für uns als auch für unsere Zulieferer gewinnbringend sind. Denn stetige Lieferbedingungen schaffen gegenseitiges Vertrauen und erhöhen die Innovationsbereitschaft.


Worum geht es bei PUMA.SAFE, PUMA.PEACE and PUMA.CREATIVE?

Kerstin Neuber: Wir von PUMA haben eine Vision, die PUMAVision. Die Vision einer besseren Welt. Einer Welt,die sicherer, friedlicher und kreativer ist als die Welt, in der wir leben. Als ein führendes Unternehmen der Sportlifestyle-Branche hat PUMA die Möglichkeit und die Verantwortung, einen Beitrag zu einer besseren Welt für zukünftige Generationen zu leisten. Die PUMAVision drückt sich in der Praxis in unseren drei Programmen PUMA.Safe (Engagment für Umwelt und Soziales), PUMA.Peace (Unterstützung des Weltfriedens) und PUMA.Creative (Unterstützung von Künstlern und Kunstorganisationen) aus, mit denen wir für uns und unsere Stakeholder eine nachhaltigere Zukunft schaffen.  

PUMA.Safe hat sich seit seiner Gründung 1999 von einem sozialen und ökologischen Programm der Zulieferer-Auditierung zum Fundament der sozialen und ökologischen Unternehmensverantwortung entwickelt. Schwerpunkte von PUMA.Safe sind das Auditieren, die Förderung und der Aufbau der Zulieferer, damit diese PUMAs Verhaltenskodex bei den Arbeitsbedingungen, Menschenrechten, in Fragen der Gesundheit und Arbeitssicherheit undd er gesellschaftlichen Entwicklung ihres Umfelds einhalten bzw. darüber hinausgehen. Zudem ist das Ziel von PUMA.Safe die Umsetzung und Einhaltung aller Umweltschutzmanßnahmen im Rahmen unseres Nachhaltigkeitsprogramms.Unser Engagement unter dem Dach der PUMA.Peace-Initiativen umfasst eine Bandbreite an Programmen, die sich für eien friedlichere Welt als die heutige einsetzen. PUMA.Creative ist eine Initiative zur Förderung von Künstlern und Künstlerkooperationen innerhalb der einzelnen PUMA-Produktbereiche.


Ist Eco-Fashion teurer als konventionell gefertigte Mode?

Kerstin Neuber:
Da nachhaltigere Materialien wie beispielsweise recyceltes Polyester in der Beschaffung derzeit noch teurer sind, kosten nachhaltigere Produkte für gewöhnlich auch mehr. Dies sollte sich aber dann relativieren, wenn Konsumenten vermehrt nachhaltige Mode nachfragen. So lag beispielsweise der Preis für recyceltes Polyester vor 5 Jahren noch 50% über dem Preis für konventionelles Polyester. Im Moment ist recyceltes Polyester nur rund 10% teurer. Durch die erhöhte Nachfrage nach dem Material in den vergangenen Jahren ist der Preis also bereits deutlich gesunken.

Bei unserer PUMA-InCycle-Kollektion war es unser Ziel, Produkte zu entwickeln, die sich im Preis nicht wesentlich von dem herkömmlicher Produkte unterscheiden.


Verbraucher und Unternehmen bestimmen beide die Bedingungen wie Produkte hergestellt werden. Ist die "Geiz ist geil" Mentalität in Deutschland immer noch zu groß?

Kerstin Neuber:
Nachhaltige Mode heißt nicht nur, dass bei der Auswahl der Rohmaterialien höhere Umweltstandards zu Grunde lagen, sondern dass die Produkte auch unteren höheren sozialen Standards innerhalb der Lieferantenkette hergestellt wurden. Und jeder Verbraucher trifft mit jedem Kauf eine Entscheidung, ob er diese erhöhten Standards unterstützen möchte oder nicht.
Fällt die Wahl aus Kostengründen auf Produkte aus konventionellen Rohmaterialien, so ist das allerdings auch eine Milchmädchenrechnung. Die Ressourcen unseres Planeten sind endlich und je knapper sie werden, umso teurer werden sie auch. Es ist wichtig, dass Unternehmen wie PUMA an innovativen Lösungen für nachhaltige Produkte arbeiten und beginnen, Materialien für ihre Produkte zu recyclen und wieder zu verwenden.


Was sind Ihre Wünsche für 2013?

Kerstin Neuber: Für dieses Jahr wünsche ich mir, dass unsere Kunden verstärkt Produkte aus unserer InCycle-Kollektion nachfragen, die seit Anfang März auf dem Markt ist. Die Produkte sind entweder biologisch abbaubar oder recyclefähig und das wäre ein erster Schritt, um die Müllberge, die unsere Gesellschaft produziert, zu reduzieren. Wie unsere ökologische Gewinn- und Verlustrechnung für Produkte nämlich belegte, wird nur ein Drittel - oder anders ausgedrückt - 12 Müllwagen benötigt, um die Abfälle, die 100.000 Paar Schuhe des biologisch abbaubaren PUMA InCycle Basket während des Produktionsprozesses verursachen, zu entsorgen, wohingegen ganze 31 LKWs zur Entsorgung des Abfalls durch herkömmliche Sneaker erforderlich sind.




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