UMWELTHAUPTSTADT.DE: Frau Hoyer, bereits zum dritten Mal schreibt das Collective Leadership Institute (CLI) das Programm Young Leaders for Sustainability (YLS) aus. An wen richtet sich das Programm?
Barbara Hoyer: Das YLS Programm richtet sich an Berufseinsteiger/innen und Young Professionals aus Unternehmen, öffentlichen Institutionen/Verwaltungen, NGOs und internationalen Organisationen, die etwas zum Thema Nachhaltigkeit bewegen wollen. Auch die selbständige Teilnahme mit einem eigenen Projekt ist möglich.
Der Kern des Programms ist der vom CLI entwickelte Ansatz der kollektiven Führung. Was genau ist das? Wie ist das YLS-Programm inhaltlich und zeitlich strukturiert?
Kollektive Führung für Nachhaltigkeit meint die Kompetenz von Menschen, ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft dadurch zu leisten, dass sie gemeinsam mit anderen auf ein Ziel hinarbeiten, flexibel, je nach Expertise. Über Sektorgrenzen hinweg, frei von Vorurteilen und falschen Eitelkeiten. Denn nur wenn wir unser Wissen zusammenbringen und gemeinsam Verantwortung für unsere Zukunft übernehmen, entstehen positive Veränderungen und Innovationen. Eine erfolgreiche Energiewende wäre dafür ein gutes Beispiel. Doch davon scheinen wir weit entfernt. Die jahrelange, weltweite Erfahrung des CLI zeigt aber, dass Collective Action, Engagement und Dialog erlernbar sind. Im YLS Programm vermitteln wir die dafür notwendigen Fähigkeiten: Kooperationsmanagement, Dialogmethoden und Prozesskompetenz. Das YLS Seminar beruht auf dem Modell der Kollektiven Führung für Nachhaltigkeit - einem Hilfsmittel, um die eigenen Führungsfähigkeiten weiter zu entwickeln. Es umfasst sechs Schlüsselkompetenzen, die jeweils mit konkreten Tools verbunden sind, die die Teilnehmer/innen ganz praktisch in ihrer Arbeit und ihren Projekten anwenden können.
Die Weiterbildung im Rahmen des YLS Programms findet jährlich statt und erstreckt sich über ca. 9 Monate. In dieser Zeit gibt es vier Präsenzmodule (insgesamt 21 Tage). Dazwischen werden die Teilnehmer/innen von Mentorinnen und Mentoren in ihrem Lernprozess begleitet.
Weitere Informationen zum Aufbau des YLS Programms finden Sie hier.
Warum brauchen junge Berufstätige insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit spezielle Führungsqualitäten?
Wer sich für Nachhaltigkeit einsetzt, hat es mit sehr unterschiedlichen Menschen und Anspruchsgruppen zu tun. In der Regel sind bereits Nachwuchsführungskräfte mit Projekten beschäftigt, die sehr komplex sind. Es gilt ebenso für Klimawandel, wie für nachhaltige Wertschöpfungsketten, Ressourcenschutz oder Social Business. Führung bedeutet hier, in einem komplexen Umfeld Themen voranzutreiben, zu koordinieren, einzubeziehen, Ergebnisse zu erreichen und Menschen zu begeistern. Diese Herausforderungen gilt es meistens ohne offizielle Führungsfunktion zu meistern und das erfordert besondere Kompetenzen wie Dialog- und Kooperationsfähigkeit.
Die Generation Y, also die nach 1980 geborenen jungen Nachwuchskräfte, sind hoch qualifiziert, weltoffen, anspruchsvoll und selbstbewusst. Technologie-affin und bestens vernetzt wollen sie sich selbst verwirklichen und dabei das Leben genießen. Wie müssen sich Unternehmen zukünftig an die Ansprüche und Wertvorstellungen dieser Generation anpassen?
Die Vertreter/innen der Generation Y möchten die Zukunft aktiv mitgestalten. Ihnen sind Flexibilität, Sinnhaftigkeit und Wertschätzung wichtiger, als die „große“ Karriere. Für sie heißt Führung nicht klassische Hierarchie, Machtspiel und 70-Stunden-Woche. In ihrer projektbezogenen Arbeitswelt erreichen sie Ziele gemeinsam mit anderen, begreifen Diversität als Stärke und sind offen für Veränderungen und andere Sichtweisen. Sie setzen sich ein. Aber nicht um jeden Preis. Ist ein Unternehmen nicht bereit, dazu zu lernen und die Werte der jungen Generation in der Unternehmenskultur zu berücksichtigen, wird es Schwierigkeiten haben, den hoch qualifizierten Nachwuchs zu erreichen und zu halten.
Dafür müssen Unternehmen die Generation Y stärker strategisch einbeziehen und mitgestalten lassen. Eine Kultur von Dialog und Kooperation muss gefördert werden, Konkurrenz- und „Ellbogen-Kultur“ hat ausgedient. Unternehmen müssen sich flexibel zeigen in den Fragen wo, wann und wie in Zukunft gearbeitet wird. Wichtig ist für die Generation Y auch, dass Unternehmen eine aktive Verantwortung für die Gesellschaft und Umwelt übernehmen. Wer das Thema Nachhaltigkeit vernachlässigt, hat also bei der Generation Y als Arbeitgeber schlechte Chancen.
Die Projekte sind des YLS-Programms sind vielfältig. Welche Projektideen wurden in der Vergangenheit verwirklicht?
Die 18 Teilnehmenden des YLS Jahrgangs 2012 kamen aus allen Sektoren und waren zwischen 24-36 Jahre alt. Ihre Projekte waren so vielfältig wie ihre Herausforderungen: Aufbau eines Standortes der größten Organisation für Sozialunternehmertum in der Türkei; Entwicklung eines nachhaltigen Investitions- und Betreibermodells für Gesundheitseinrichtungen weltweit; Ökobilanzierung einer Pflanzenölseife; Aufbau eines Jugendnetzwerks für Biodiversität; Initiative zum Schutz wildlebender, wandernder Tierarten; Entwicklung einer nachhaltigen Wäschelinie. Hier können Sie die YLS Teilnehmer/innen und ihre Projekte kennen lernen.
Wie und bis wann kann man sich für das Weiterbildungsprogramm bewerben?
Der nächste YLS Start ist im Juli 2013 mit 2 parallelen Durchgängen. Eine aufwändige Bewerbung ist nicht notwendig. Es reicht, das Anmeldeformular und eine grobe Projektskizze auszufüllen. Zur Teilnahme an YLS muss kein fertig ausgearbeitetes Projekt vorhanden sein, eine erste Idee reicht aus. Beide Formulare stehen auf www.youngleadersforsustainability.de zum Download bereit.
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