Grüne Wirtschaft

Im Interview: Jochen Schwill, Next Kraftwerke GmbH

Die Next Kraftwerke GmbH handelt die Energie unterschiedlicher Stromproduzenten und versucht die Erlöse von Stromerzeugungsanlagen zu optimieren.

Die Next Kraftwerke GmbH handelt die Energie unterschiedlicher Stromproduzenten und versucht die Erlöse von Stromerzeugungsanlagen zu optimieren.

Bildquelle: Jennifer Braun

Herr Schwill, Sie sind Co-Gründer und Co-Geschäftsführer der Next Kraftwerke GmbH. Ihr Unternehmen handelt die Energie unterschiedlicher Stromproduzenten und versucht die Erlöse von Stromerzeugungsanlagen zu optimieren. Wie gelingt Ihnen das?

Indem wir Stromerzeugungsanlagen in einem virtuellen Kraftwerk, dem „Next Pool“, bündeln. Dadurch entstehen Portfolioeffekte in der Direktvermarktung, dank derer die verbundenen, meist kleineren Anlagenbetreiber eine Marktposition an der Strombörse erhalten, die sie alleine nicht besäßen. Außerdem bieten wir durch die leittechnische Vernetzung von regelbaren Anlagen, beispielsweise von Biogas- oder KWK-Anlagen, die Flexibilität der vernetzten Anlagen auf dem Regelenergiemarkt an, um Schwankungen im Stromnetz schnell auszugleichen. Beides sind Marktintegrationsmaßnahmen, um die Vermarktung Erneurbarer Energien lukrativer zu gestalten.

 

Seit wann gibt es die Next Kraftwerke GmbH und welche Maßnahmen haben Sie ergriffen bzw. ergreifen Sie, um Ihre Dienstleistung bekannt zu machen?

Seit unserer Gründung im Jahr 2009 sind wir mit unserem stetig wachsenden Team an viele Betreiber herangetreten, um unsere Produkte und unser virtuelles Kraftwerk bekannt zu machen. Dabei waren wir natürlich auf Messen und Informationsveranstaltungen präsent, haben aber auch auf unsere Webseite gesetzt und dort einen umfangreichen Wissensbereich erstellt (www.next-kraftwerke.de/wissen). Dort können sich Interessierte über die Direktvermarktung von Erneuerbaren Energien und den Regelenergiemarkt informieren.

 

Hendrik Sämisch, ebenfalls Co-Gründer und Co-Geschäftsführer von Next Kraftwerke, ist davon überzeugt, dass der Strombedarf in Deutschland zu 100% aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann. Wie rechtfertigt Herr Sämisch diese Aussage und auf welchen Zeitraum bezieht er sich, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen?

Der Zubau der Erneuerbaren Energien im letzten Jahrzehnt hat die politisch formulierten Ziele bisher immer weit übertroffen. Auch die aktuellen Ziele für 2020 werden voraussichtlich wieder übererfüllt. Wir sind also bereits heute auf einem sehr guten Weg. Um aber den sehr begrüßenswerten schnellen Zubau der Erneuerbaren Energien nachhaltig in die deutsche Stromwirtschaft zu überführen, bedarf es noch vieler Anstrengungen im Bereich der Netz- und Marktintegration. Was passiert an einem windarmen Wintertag? Diese Gretchenfrage an die Erneuerbaren muss natürlich bald beantwortet werden, wenn wir den Strombedarf zu 100% aus regenerativen Stromquellen decken möchten. Eine Mischung aus Netzausbau, Speichertechnologien und virtuellen Kraftwerken wie unserem „Next Pool“ liefert die richtige Antwort. Wir denken, dass Deutschland das ehrgeizige Ziel der vollständigen Stromversorgung aus Erneuerbaren auf diesem Weg bis 2050 erreichen kann.

 

Die Next Kraftwerke GmbH ist eine Ausgründung aus dem Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI). Inwieweit haben eventuelle Förderungen und das akadamische Netzwerk rund um die Universität zum Erfolg Ihres Unternehmens beigetragen?

Zuerst sind hier sicherlich die wissenschaftliche Expertise und das energiewirtschaftliche Know-How zu nennen, die aus dem EWI in unser Unternehmen übertragen wurden und werden. Nicht nur die Geschäftsführung sondern auch einige Mitarbeiter von Next Kraftwerke kamen direkt aus dem EWI zu unserem Unternehmen. Auch stehen wir nach wie vor im regen Austausch mit dem EWI, um über neueste akademische Erkenntnisse im Bereich der virtuellen Kraftwerke auf dem Laufenden zu bleiben. Aber auch das EWI beobachtet genau, was wir hier in der Praxis so treiben und welchen Herausforderungen der Aufbau und Betrieb eines virtuellen Kraftwerks im Tagesgeschäft begegnet. Es besteht sozusagen eine Feedbackschleife zwischen Theorie und Praxis und zurück.

 

Stichwort \"zukunftsfähiges Design der Stromgroßhandelsmärkte\". Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Stromgroßhandelsmarkt in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln und welche Möglichkeiten haben wir in Deutschland mit einem stetig wachsenden Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung wettbewerbsfähig und marktwirtschafltich effizient zu sein?

Natürlich wird es immer mehr um die vollständige Marktintegration der Erneuerbaren Energien gehen. Da mit der zunehmenden Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien die Schwankungen nicht nur im Netz sondern auch an der Strombörse zunehmen werden, wird die Nachfrage und damit der Preis nach Flexibilität steigen. Heute gibt es aber auf dem Stromgroßhandelsmarkt noch keinen transparenten Preis für flexible Stromproduktion, etwa für den viel diskutierten Zubau von Kapazitätskraftwerken. Hierzu lässt die Vielzahl der Expertenmeinungen in den letzten Monaten darauf schließen, dass das Strommarktdesign angepasst werden wird. Für diesen Fall empfehlen wir, übrigens auch in unserer Stellungnahme an das Bundeswirtschaftsministerium, die Schaffung eines Kapazitätsmarkts, der an den bestehenden Regelenergiemarkt angelehnt ist, dessen bewährte Mechanismen nutzt und somit die Finanzierung von benötigter zusätzlicher Flexibilität ermöglicht. So könnten wir den Umbau der deutschen Stromversorgung zu transparenten und wettbewerbsfährigen Preisen durchführen.

 

Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit ist laut einiger Wissenschaftler zunehmend eine Herausforderung für den Stromgroßhandelsmarkt. Können Sie mit Ihrer Plattform Anregungen und Lösungswege zu diesem Problem liefern?

Ja, denn als Anbieter von vernetzter Erzeugungsflexibilität agieren wir genau im Umfeld der Versorgungssicherheit. Schon heute bieten wir die flexible Stromerzeugung unserer Kundenanlagen, zum Beispiel von KWK- oder Biogasanlagen, aber auch die flexible Stromnachfrage im Demand Side Management am Regelenergiemarkt an und die Abrufe unseres virtuellen Kraftwerks stabilisieren regelmäßig das Stromnetz. Unser Credo ist: Die Erneuerbaren kriegen das schon selbst geregelt. Gemeint ist, dass manche Energieträger wie etwa Biogas ihre Stromproduktion sehr gut regeln, also flexibel hoch- und herunterfahren können, insbesondere wenn sie in einem virtuellen Kraftwerk vernetzt sind. Damit können sie Spitzenlastzeiten bedienen und die Schwankungen durch Solar- und Windstromeinspeisung ein Stück weit ausgleichen.

 

Wie wird sich die Next Kraftwerke GmbH in den nächsten drei Jahren weiterentwickeln?

Unser Ziel ist es, die regelbare Kapazität unseres virtuellen Kraftwerks weiter zu erhöhen, um eine noch größere Rolle auf dem Regelenergiemarkt zu spielen. Dazu müssen wir weitere Anlagenbetreiber überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten und uns die Stromerzeugungsflexibilität ihrer Anlagen zur Verfügung zu stellen. Doch nicht nur auf der Erzeugungsseite ist noch viel zu tun, auch im Demand Side Management, also auf der Nachfrageseite, möchten wir eine wichtige Rolle spielen. Wir sprechen daher vermehrt auch Industrieunternehmen an, um mit ihnen zu evaluieren, ob sie ihren Strombedarf flexibilisieren können. Damit lässt sich nicht nur Geld verdienen, sondern auch das angesprochene Ziel der 100%igen Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien schneller erreichen.




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