Grüne Wirtschaft

Themenreihe „Elektromobilität in der Praxis“ - Im Interview Christian Hartmann, Kommunikation, Technologie und Produkt bei der AUDI AG

"Elektromobilität ist kein Sprint, sondern ein Marathon", so Hartmann.

"Elektromobilität ist kein Sprint, sondern ein Marathon", so Hartmann.

25.07.2016

UMWELTHAUPTSTADT.de: Herr Hartmann, wie würden Sie den Status quo bei der Elektro-Mobilität in Deutschland beschreiben?

CHRISTIAN HARTMANN: Elektromobilität ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Die Industrie hat in den vergangenen Jahren rund 14 Mrd. Euro investiert. Mittlerweile sind wir auf einem guten Weg. Ende 2015 waren bereits 29 Serienmodelle von deutschen Herstellern auf dem Markt. Wir bei Audi haben den Elektroantrieb bereits eingeführt. Binnen 3 Jahren werden wir fünf Plug-in-Hybride über verschiedenen Fahrzeugklassen im Angebot haben, angefangen vom kompakten A3 Sportback e-tron bis hin zum Oberklasse-SUV Q7 e-tron TDI quattro. Unser erstes voll-elektrisches Großserienauto kommt 2018 mit einer Reichweite von mehr als 500 km auf den Markt. Wir planen einen kontinuierlichen Ausbau unseres Fahrzeugangebotes im BEV- und PHEV-Bereich.

 

Die Bundesregierung hält noch immer an Ihrer Prognose von einer Million E-Autos in 2020 fest. Was sagen Sie, realistisch oder unrealistisch und weshalb?

Letztlich ist es unerheblich, wann genau sich die Elektromobilität in der Breite durchsetzt. Wichtig ist nur, dass dies geschieht und dass wir den entstandenen Schwung jetzt nutzen. Die Richtung stimmt. Dies wird durch das zunehmende Fahrzeugangebot einerseits und die steigenden Zulassungszahlen andererseits bestätigt. Jetzt ist es wichtig, den zunehmenden Fahrzeugbestand durch einen schnellen Aufbau einer öffentlichen zugänglichen Ladeinfrastruktur zu unterstützen. Mit dem vor Kurzem verabschiedeten Förderprogramm, das Investitionen in die Ladeinfrastruktur (bis 2020 bundesweit 300 Millionen Euro für 15.000 Ladesäulen) und eine Beschaffungsinitiative der öffentlichen Hand (Umfang 100 Mio. Euro) ebenso vorsieht wie eine direkte Kaufförderung (600 Mio. Euro vom Bund + 600 Mio. Euro von der Industrie), hat die Bundesregierung ein wichtiges und nachhaltiges Marktsignal gesetzt.

Die E-Mobilität hat paradoxerweise einen besonders schwer Stand unter den Autobauern selbst, viele Anhänger der Old-Economy wollen sie schlichtweg nicht. Was entgegnen Sie Ihren Kollegen?

Das sehen wir anders. Elektromobilität ist ein entscheidender Bestandteil unserer zukünftigen Strategie. Audi entwickelt für jedes Fahrzeug- und Antriebskonzept die optimale Form der Elektrifizierung – im Sinne von Kundenerwartungen, Marktbedingungen, Kosten- und Komplexitätsgrad sowie Begeisterungspotenzial. Aktuell gibt es für die Elektromobilität noch einige Herausforderungen zu meistern, insbesondere die Anschaffungskosten und die derzeit begrenzten Reichweiten werden sich weiter entwickeln. Aber wer diese Technologie in ihren verschiedenen Umsetzungsformen als PHEV und BEV erlebt, spürt die Begeisterung, die von ihr ausgeht. Dies geht insbesondere den Mitarbeitern aus der Automobilindustrie so. Ein Elektroantrieb vereint Fahrdynamik, Sicherheit und Fahrspaß. Wir bieten unseren Kunden elektrische Autos an, die sehr schnell auf ihr maximales Drehmoment oder auf ihre Solldrehzahl kommen. Diese Elektromobile sind agil und in den allermeisten Fällen beschleunigen sie sehr viel schneller, als jeder Verbrenner.

Auch bei Audi hatten es die E-Modelle, die unter dem Namen e-tron geführt werden, in der Vergangenheit nicht wirklich leicht. Der R8 e-tron sollte ursprünglich bereits 2013 auf den Markt kommen, dann entschied sich Ihr Management spontan gegen einen Launch. Nun gibt es ihn doch. Welches Umdenken hat bei Ihnen im Unternehmen stattgefunden?

Der R8 e-tron war ein Technologieprojekt, bei dem wir sehr wichtige Erfahrungen gesammelt haben, die letztlich in unseren Elektrovolumenfahrzeugen zur Anwendung gekommen sind, als Beispiel nehmen Sie unsere aktuellen Serienprojekte: Audi A3 Sportback e-tron sowie Audi Q7 e-tron TDI quattro. Weitere Modelle werden folgen.

Künftig erhalten Käufer eines Hybrid- oder Elektro-Fahrzeuges einen sogenannten Umweltbonus, eine Art Kaufprämie, die sich der Bund und die Autoindustrie teilen. Welche weiteren Kauf-Argumenten nennen Sie Ihren Kunden, wenn Sie ein Hybrid oder E-Auto verkaufen möchten?

Elektromobile von Audi zeichnen sich neben dem oben beschriebenen Fahrspaß und der markentypischen Sportlichkeit durch hervorragendes Design aus. Zusätzlich haben sie geringe Betriebskosten und fahren bei Verwendung von Grünstrom emissionsfrei. Damit investiert man auf jeden Fall in eine zukunftsträchtige Technologie.

Wie sieht für Audi die Mobilität der Zukunft aus?

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Urbanisierung sind die großen Trends, die unserer Branche und unser Unternehmen in den kommenden Jahren fundamental prägen werden. Diese Entwicklung wollen wir mit unseren Produkten und Services vorantreiben und bauen deshalb Audi zur digital car company um. Digitale Lösungen sind Enabler für völlig neue Angebote rund um das Automobil, die wir unseren Kunden machen können – und mit denen wir neue Kunden gewinnen werden.

Wir werden die Elektrifizierung in allen Baureihen konsequent vorantreiben. Dabei werden wir eine deutliche Steigerung der Batterieleistungsfähigkeit bei gleichzeitig sinkenden Kosten erleben. Dies wird in absehbarer Zeit elektrische Reichweiten von 500 und mehr Kilometern ermöglichen. Zudem entwickelt wir bei Audi für den Gesamtkonzern die Brennstoffzellentechnologie. Wir sehen diese Technologie als eine von mehreren Optionen für die Mobilität der Zukunft. Darüber hinaus forschen wir intensiv im Bereich alternativer Kraftstoffe, den e-fuels.

Mit welchen technologischen Highlights werden Sie in den nächsten Jahren aufwarten?

Technologisch wird das pilotierte Fahren eine entscheidende Rolle spielen. Unser Ziel dabei ist es, den Fahrer immer besser und effizienter zu schützen und ihn in lästigen Situation zu entlasten – nicht zu ersetzen. Zukünftige Systeme bei Audi werden proaktiv, mitdenkend und lernfähig sein und sich so individuell auf den Fahrer einstellen können.

Darüber hinaus werden wir unseren Modularen Infotainmentbaukasten (MIB) konsequent in Richtung Konnektivität, cloudbasierter Bedienungsunterstützung sowie  selbstlernendes System weiterentwickeln.

In unserer Elektrifizierungsstrategie ist das 48V-Bordnetz ein wichtiger Baustein, zum einen für den Einsatz des elektrisch angetriebenen Verdichters, bereits im SQ7 TDI in Serie, zum anderen für die geplanten Mild-Hybridisierungen unserer Modelle.

Ihr persönlicher Appell an die deutsche Politik: Wie können die Rahmenbedingungen für die E-Mobilität in Deutschland noch verbessert werden?

Der Elektromobilität kommt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung klimaneutraler Individualmobilität zu. Damit sich reine E-Fahrzeuge etablieren und durchsetzen können, brauchen wir einen flächendeckenden Ausbau der Schnellladeinfrastuktur mit Ladekapazitäten von 150kW und mehr – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit.

 

Kontakt zum Unternehmen:

Christian Hartmann
Kommunikation Modellreihen, Innovation und Technologie 
AUDI AG
I/GP-P3
85045 Ingolstadt    
christian.hartmann@audi.de



Mehr zu den Themen:   audi

Kommentar erstellen

Name *
E-Mail *
URL
Kommentar *
Auch interessant

Auf der Crowdinvesting-Plattform ecozins können Anleger in erneuerbare Energien investieren und so nicht nur ihr Geld vermehren, sondern auch der Energiewende zum Erfolg verhelfen. Die ecozins-Gründerin Isatu Hirche erklärt, warum Crowdinvesting ein leichter Einstieg in das Thema nachhaltiges Investieren sein kann.



Grüne Unternehmen