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Im Interview: Prof. Dr. Christof Mauch von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)

Prof. Dr. Christof Mauch ist Direktor des Rachel Carson Center for Environment and Society an der LMU München und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Umweltgeschichte

Prof. Dr. Christof Mauch ist Direktor des Rachel Carson Center for Environment and Society an der LMU München und Präsident der Europäischen Gesellschaft für Umweltgeschichte

Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München ist eine der führenden Universitäten in Europa mit einer über 500-jährigen Tradition. Warum würden Sie einem jungen Menschen raten, an der LMU zu studieren?

Die LMU hat ein breiteres Lehrangebot als die meisten anderen Universitäten in Europa. In der Forschung sind fast alle Bereiche stark - die Naturwissenschaften, aber auch die Geistes- und Sozialwissenschaften. Außerdem ist München eine wirklich lebenswerte Stadt, in der Studienabsolventinnen und -absolventen leichter als irgendwo sonst in Deutschland einen Einstieg in den Beruf finden.


Welche Studiengänge gibt es an der LMU, die den Themenkomplex Nachhaltigkeit behandeln?

Es gibt eine ganze Reihe von Fächern, in denen Veranstaltungen zu Umweltthemen angeboten werden. Im Fachbereich Geo- und Umweltwissenschaften gibt es einen Masterstudiengang \"Umweltsysteme und Nachhaltigkeit“, der sich mit der Funktionsweise natürlicher Systeme (Geosphäre, Pedosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre, Atmosphäre) beschäftig, mit den  Ursachen des Globalen Wandels, aber auch mit Massen- und Energieflüssen.Am Rachel Carson Center für Umwelt und Gesellschaft existiert ein internationales strukturiertes Promotionsprogramm, an dem 10 Fächer beteiligt sind - von der Bioarchäologie bis zur Umweltethik, und von der internationalen Umweltgeschichte bis zum Umweltrecht. Die doctoral students kommen aus aller Welt: aus Nigeria und Bangladesch, aus der Schweiz und Russland, aus Costa Rica, Iran und Israel. Ein „honors program environmental studies“ für Masterkandidaten aus sehr unterschiedlichen Fächern soll 2013 starten. Damit haben Studierende, die sich für Umweltthemen interessieren, neben ihrer Primärqualifikation ein zweites Zertifikat, das sich auch international sehen lassen kann.


Die LMU ist Teil der Exzellenzinitiative. Ihrer Hochschule stehen dadurch für die Einrichtung einer Graduiertenschule und dreier Exzellenzcluster sowie die Umsetzung des Zukunftskonzepts „LMUexcellent“ Millionen-Beträge zur Verfügung. Können Sie garantieren, dass diese Gelder wirklich in die Forschung und nicht in Marketing fließen?

An der LMU fließen die Exzellenzgelder allesamt in konkrete Projekte - ein Großteil der Gelder kommt der Verbesserung der Spitzenforschung und der Nachwuchsförderung zugute. Marketing spielt in München, aber auch an anderen deutschen Universitäten, kaum eine Rolle. Darin liegt ein großer Unterschied zu den USA, wo die Universitäten wie Unternehmen geführt werden.

Die LMU muss in manchen Bereichen noch aufholen. Dazu gehören Gleichstellung und Internationalisierung des Lehrkörpers. Hierzu gibt es spezielle Programme. Ein kleines Juwel ist das Center for Advanced Studies (CAS), das den Charakter der Universität als „Universitas litterarum“ betont. Das Logo des CAS, der Wissensbaum, bringt die Verbindung der Fächer sinnbildlich zum Ausdruck.

 

Wie schätzen Sie die Zukunft der Jobs in Deutschland in den Erneuerbaren Energien und anderer Umweltbranchen ein? Wo sehen Sie die größten Chancen für den Standort Deutschland?

Der Boom in den erneuerbaren Energien wird sich auf mittlere Sicht fortsetzen. „Grüne Jobs“ wird es in allen Bereichen geben, die Umwelttechnik produzieren - vom Ausbau von Stromnetzen bis zur Erforschung von neuen Lösungen zur Energiespeicherung. Aber auch die Geistes- und Sozialwissenschaften werden im Umweltbereich zunehmend gefordert. Der ökologische Umbau unserer Gesellschaft verlangt Orientierung und Reflexion.


Wie bereiten Sie an der LMU die Generation Y auf das Berufsleben vor?

Die Generation Y ist zielorientierter und selbstbewusster als frühere Generationen. Gerade aus Exzellenzgeldern werden Nachwuchskräfte gefördert wie nie zuvor und wie vielleicht an keiner anderen deutschen Universität. Es gibt ein Center for Leadership and People Management, ein Young Center mit Mitteln, die herausragenden Nachwuchsforschern zur Verfügung stehen, ein Graduate Center, das die Einrichtung strukturierter Promotionsprogramme fördert, ein Programm doc.international, das internationalen doctoral students und Postdocs zur Verfügung steh, ein eigenes Dezernat zur Nachwuchsförderung und viele andere Programme.

Im Rahmen der meisten Bachelorstudiengänge wird von unseren Studierenden gefordert, wenigstens ein  Praktikum zu absolvieren. An den von mir geleiteten Zentren (dem Carson Center und dem Lasky Center) gibt es sowohl Praktikums- als auch Independent Study Optionen. Das Rachel Carson Center for Environment and Society ist nicht nur Teil der LMU, sondern partnerschaftlich auch mit dem Deutschen Museum verbunden; diese Verbindung macht beispielhaft deutlich, wie eng Wissenschaft und Öffentlichkeit, Forschung und Praxis zusammengehören.

Der Praxisbezug schlägt sich auch auf die Prüfungskultur nieder. Ich frage zum Beispiel als Umwelthistoriker grundsätzlich keine Fakten ab. In den Prüfungen simulieren wir vielmehr Praxissituationen, wie zum Beispiel Podiumsdiskussionen, in denen die Studierenden ihre Meinung, auch gegen scharfe Kritik, verteidigen müssen.

Die neuen Medien scheinen einen wichtige Rolle für Sie zu spielen. Die LMU nutzt beispielsweise iTunes U, den Bildungsbereich innerhalb des Apple iTunes Stores. Was erhoffen Sie sich von der Nutzung?

Die LMU hat iTunes U - das U steht für Universität - im Jahr 2009 gestartet. Die Medienpräsenz spielt für uns eine so große Rolle, weil wir damit Millionen von Menschen kostenlos am Know-How der LMU-Forscherinnen und Forscher beteiligen. Weit über 10 Millionen downloads hat es in den letzten Jahren gegeben. Die LMU steht damit europaweit - wenn man von der Open University absieht - an der Spitze. iTunes U ist, wenn man so will, das Gegenstück zum Elfenbeinturm der Universität alten Stils.

Auch am Rachel Carson Center spielen die neuen Medien - Facebook, Twitter etc. - eine Rolle Vor allem aber wurde vor wenigen Wochen das Digital Portal Environment and Society gestartet. Das Portal ist nicht als Enzyklopädie des Wissens gedacht, sondern als digitale Erkundungsmaschine. Es macht deutlich, dass Forschung ständig im Fluss ist, denn ständig kommen neue Inhalte hinzu; und es zeigt, dass das Herumsurfen im digitalen Umweltwissen nicht nur informativ ist, sondern auch Spaß machen kann.




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