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Im Interview: Das Team von Fortis Saxonia

Fortis Saxonia ist ein studentisches Forschungsprojekt der Technischen Universität Chemnitz.

Fortis Saxonia ist ein studentisches Forschungsprojekt der Technischen Universität Chemnitz.

Sie arbeiten interdisziplinär an der Entwicklung leichter, energiesparender Fahrzeuge. Was ist das Ziel Ihrer Forschungsarbeit?

Das erklärte Hauptziel unseres Vereins ist es, die Gesellschaft für das Thema nachhaltige Energienutzung zu sensibilisieren. Dies versuchen wir durch vielerlei Dinge zu bewerkstelligen – durch Auftritte auf Messen und Infoveranstaltungen, aber auch durch die Präsenz in den Medien. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, dass unsere Mitglieder durch ihre Arbeit im Verein Fähigkeiten erlernen, die im Studium oftmals zu kurz kommen, für das spätere Berufsleben aber sehr wichtig sind. Darunter zählen beispielsweise sog. Soft Skills, wie man mit Industriepartnern umgeht und verhandelt, und dass man Einblicke in viele Unternehmen erhält.

  

Sie bauen Prototypen der sogenannten \"Sax-Reihe\", um beim Shell Eco-Marathon teilzunehmen. Was ist die \"Sax-Reihe\" und wie kam es zu der Entscheidung an einem Wettbewerb teilzunehmen, der von einem Mineralöl-Giganten ausgetragen wird, geraten Sie hier nicht ein wenig in einen Gewissenskonflikt?

Die „SAX-Reihe“ sind Prototypen, welche das technisch Machbare an energieeffizienter Mobilität aufzeigen sollen.

In einen Gewissenskonflikt geraten wir nicht. Die Mineralöl-Giganten wissen am besten, dass ihre Einnahmequellen, das Erdöl- und Erdgasvorkommen, nur begrenzt vorhanden sind und in Zukunft versiegen werden. Wenn diese Firmen auch im Zeitalter nach dem Erdöl noch bestehen wollen, müssen diese bereits jetzt nach Alternativen forschen. Von daher ist der Zusammenhang zwischen Shell und einem Wettbewerb für alternative und energiesparende Antriebskonzepte, gar nicht so weit hergeholt.

 

Sie werden bei Ihrer Forschungsarbeit unter anderem von Unternehmen wie Continental, 3M Deutschland oder Toho Tenax unterstützt. Welche Vorteile ergeben sich für Sie durch diese Kooperationen?

Kooperationen sind ein Geben und ein Nehmen. Für die Unternehmen bietet sich eine öffentlichkeitswirksame Darstellung, der Kontakt zu Nachwuchsingenieuren, der Austausch von Know-How und der Komponentenerprobung. Wir profitieren als Team ebenfalls durch das Wissen der Unternehmen, von einzelnen Bauteilen und Komponenten. Beispielsweise setzen wir von Continental bereitgestellte, rollreibungsoptimierte Reifen ein und geben unsere Erfahrungen weiter. Außerdem werden all unsere Aktivitäten durch die finanzielle Zuwendung von Sponsoren erst ermöglicht.

 

Welche Schlüsse konnten Sie bislang aus Ihrer Forschungsarbeit ziehen?

Aus organisatorischer Sicht kann es einige Anstrengungen kosten, ein Team motiviert und zusammen zu halten.

Aus technischer Sicht ist es komplizierter, die Ergebnisse zusammen zu fassen. Wir merken, dass es wesentlich schwieriger ist, ein Fahrzeug mit einer Brennstoffzelle zu betreiben, als mit einem Verbrennungsmotor – schon allein wegen der notwendigen Steuerungstechnik und der meist weitgehend unbekannten Technologie. Zum anderen ist da natürlich auch die Verarbeitung von Kohlefaser und anderen Leichtbauwerkstoffen, die sich in ihrer Formung und Bearbeitung, wie auch in ihrem mechanischen Verhalten, von klassischem Stahl stark unterscheiden.

 

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält immer noch an ihren Zielen fest, im Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen zu haben. Halten Sie dieses Ziel für realistisch und gibt es vielleicht technologische Entwicklungen, die der Kanzlerin bei ihrer Prognose Recht geben könnten?

Antriebs- wie auch produktionstechnisch halten wir dieses Ziel nach wie vor für realistisch. Die Frage der Wirtschaftlichkeit, bei der derzeitigen Förderung, lässt hingegen Zweifel aufkommen. Unserer Meinung nach wird auch neuen Mobilitätskonzepten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Automobilhersteller klammern sich zu sehr an das „Automobil“ wie wir es heute kennen – groß, schwer trotz Leichtbauweise, und für Batterieantrieb damit denkbar ungeeignet. Für den Stadtverkehr werden gänzlich andere Ansprüche an ein Fortbewegungsmittel gestellt, und für Überland- bzw. Langstreckenfahrzeuge wird der Elektroantrieb auch in 8 Jahren noch keine sinnvolle Alternative zum Verbrennungsmotor sein.

Das Hauptproblem ist zurzeit immer noch die wirtschaftliche Speicherung von Energie, die dazu auch noch transportabel und sicher sein muss. Es gibt Entwicklungen von Wasserstoffspeichern auf Metallhydrid-Basis, doch die Kosten dafür müssen für eine wirtschaftliche und serienreife Anwendung immer noch stark sinken.

 

In welchen Bereichen spezialisieren sich die Teilnehmer des Fortis Saxonia-Projektes für den Arbeitsmarkt beziehungsweise schaffen Sie es sich Fertigkeiten anzueignen, die Ihnen bei der Jobsuche behilflich sind?

Unsere Mitglieder können sich in 3 Hauptbereichen einbringen: Im Antriebsbereich, im Chassisbau und in der Öffentlichkeitsarbeit. Jeder arbeitet hauptsächlich in dem Bereich mit, wo er seine Fähigkeiten vertiefen möchte und wo es ihm natürlich auch Spaß macht. Dadurch, dass alle auf das gemeinsame Ziel „Shell Eco-marathon“ hinarbeiten und das Fahrzeug in Zusammenarbeit entstehen muss, wird interdisziplinäres Teamwork ebenfalls stark gefördert. Aber allein schon die Bereitschaft, sich in seiner Freizeit in einem Projekt wie Fortis Saxonia einzubringen, honorieren viele Unternehmen. Bemerkbar wird dies bereits bei der Suche nach Studienarbeiten oder Praktikumsplätzen – Fortis Saxonia wird als eine Auszeichnung für gute und engagierte Arbeit wahrgenommen.

 

Was wird die Zukunft für das Fortis Saxonia-Projekt bringen?

Neben der Weiterentwicklung unseres Brennstoffzellenfahrzeuges SAX4 wird das Vorgängermodell SAX3 z.Z. auf Batterieantrieb umgerüstet. In den kommenden 5 Jahren werden wir außerdem unsere Kompetenzen im MERGE Projekt der TU Chemnitz einbringen, welches durch die Bundesexzellensinitiative gefördert wird.




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