Gesellschaft

Windräder als Ausflugsziel und Bürgerinvestment

Windkraft und Tourismus passen gut zusammen und ergänzen sich sogar positiv, erzählt uns Lena Frische von der ABO Wind AG. Um Bürger auch finanziell an Windparks zu beteiligen, wurde die „Bürgerwindaktie“ ins Leben gerufen.

Windkraft und Tourismus passen gut zusammen und ergänzen sich sogar positiv, erzählt uns Lena Frische von der ABO Wind AG. Um Bürger auch finanziell an Windparks zu beteiligen, wurde die „Bürgerwindaktie“ ins Leben gerufen.

20.10.2016 - Bilder: © ABO Wind AG

UMWELTHAUPTSTADT.DE: Frau Fritsche, ABO WIND setzt sich für den Tourismus ein. Wie passen diese auf den ersten Blick eher gegensätzlichen Bereiche zusammen?

LENA FRITSCHE: Windenergie und Tourismus passen sehr gut zusammen. Laut der aktuellen Akzeptanz-Umfrage der Agentur für Erneuerbare Energien finden 93 Prozent der Befragten den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien wichtig bis außenordentlich wichtig. Windkraftanlagen sind ein sichtbares Zeichen, dass eine Region den Klimaschutz ernstnimmt. Die „Reiseanalyse 2015“ stellte fest, dass nur 0,8 Prozent der Urlauber wegen Windkraftanlagen eine Region meiden würden. 

Dass Erneuerbare-Energie-Anlagen sogar attraktive Ausflugsziele sein können, zeigt der Erfolg des Baedeker-Reiseführers „Erneuerbare Energien erleben“.

Können Sie ein paar konkrete Praxisbeispiele geben, wie Windkraft im Standortmarketing sinnvoll genutzt werden kann?

ABO Wind hat bereits mehrere Lehrpfade zur Windenergie konzipiert und gebaut. Wir arbeiten dabei eng mit den Tourismus-Verantwortlichen vor Ort zusammen, damit das neue Angebot gut zum lokalen Tourismus-Konzept passt. Unser Hunsrücker Windweg wurde beispielsweise von der Landesregierung in den Premiumwanderweg „Wind, Wasser und Wacken“ integriert. Schon der Name des Wanderwegs zeigt: Windkraftanlagen sind hier ganz selbstverständlich Teil der Kulturlandschaft.

Die größte Hängeseilbrücke Deutschlands, die Geierlay in Mörsdorf, konnte nur mithilfe der Einnahmen aus unseren Windkraftanlagen realisiert werden. Auch hier haben wir gemeinsam mit der Gemeinde zusätzliche Angebote entwickelt: einen Energiewende-Lehrpfad sowie eine Ausstellung im Heimatmuseum zur historischen Energienutzung.

Unter www.abo-wind.com/tourismus stellen wir diese und weitere Praxisbeispiele ausführlich vor.

Welches Feedback erhalten Sie von Bürgern? Kommt eine intensive Einbeziehung in Windkraftprojekte gut an?

Dass die Meinungen zur Windkraft auseinandergehen, ist kein Geheimnis. Aber eine transparente Kommunikation schätzen auch Anwohner, die einem neuen Windpark gegenüber skeptisch sind. Die Einbeziehung der Bürger wird für Windkraftplaner immer wichtiger, auch wir beschäftigen uns intensiv damit und lernen immer noch dazu. Wir stellen neue Windparks beispielsweise auf eigenen Projektwebsites vor, die wir laufend aktualisieren und über die Bürger uns Fragen stellen können. Sehr gute Erfahrungen haben wir in letzter Zeit auch mit Infomessen gemacht. Dort stellen wir das Projekt mit zahlreichen Postern und Broschüren vor, die Planer und Bauleiter stehen den Besuchern aber auch persönlich Rede und Antwort. Ein zweistündiger PowerPoint-Vortrag dagegen erschlägt die Zuhörer oft mit Informationen und lässt wenig Raum für das persönliche Gespräch. Auf einer Infomesse kann sich jeder Besucher nach seinen eigenen Interessen und in seinem eigenen Tempo informieren.

Um Bürger finanziell am Betrieb von Windparks zu beteiligen, haben Sie 2010 bereits die „Bürgerwindaktie“ ABO Invest AG ins Leben gerufen. Wer kann sich wie beteiligen?

Prinzipiell jeder. ABO Invest ist ein Unternehmen, das Windparks betreibt. Es kommen regelmäßig neue Projekte hinzu. Aktuell besitzt ABO Invest bereits 63 Windkraftanlagen mit rund 130 Megawatt Leistung. Die Aktie (Wertpapierkennnummer: A1EWXA) notiert im Freiverkehr der Börse Düsseldorf. Informationen über die ABO Invest finden sich auf www.buergerwindaktie.de

Mit welchen Erträgen können die Aktionäre durchschnittlich rechnen und wie ist die Resonanz?

Das von ABO Invest zur Finanzierung der Windparks eingesetzte Eigenkapital soll über die 20 Jahre kalkulierte Laufzeit der Projekte eine Rendite von rund 8 Prozent erbringen. Davon sind  die Verwaltungskosten auf der Ebene der Holding zu tragen. Wir kalkulieren mit einer Wertsteigerung von 7 Prozent jährlich. Das entspricht der bisherigen Entwicklung des Aktienkurses. Die Zahl der Aktionäre ist seit Gründung des Unternehmens kontinuierlich gewachsen.

Welche Anlageformen haben Sie im Portfolio, raten Sie eher zur Beteiligung an einem einzelnen Windpark oder sollte man das Risiko besser verteilen?

ABO Wind hat in früheren Jahren mehrere sogenannte Bürgerwindparks aufgelegt – mit gemischtem Erfolg. Einige Projekte sind unter den Erwartungen geblieben. Das ist eine branchenweite Erfahrung. Wir haben daraus die Lehre gezogen, dass eine Risikostreuung mit Windparks in unterschiedlichen Regionen das bessere Konzept ist. ABO Invest setzt das konsequent um und betreibt aktuell Anlagen in vier Ländern (Deutschland, Frankreich, Irland und Finnland). Damit lässt sich das Risiko windschwacher Jahre deutlich reduzieren. Bisher jedenfalls war es in allen Jahren so, dass der Wind an einigen unserer Standorte stärker wehte als geplant und an anderen schwächer. Das gesamte Portfolio weicht in der Summe sehr viel weniger von der Prognose ab als die einzelnen Windparks.

Neben Investments in Windenergie bieten Sie ebenso Biogasfonds an. Für wen eignet sich diese Anlageform und wo sehen Sie das größere Potenzial?

Windkraft hat das größere Potenzial. Investitionen in Biogas- und Kraft-Wärme-Projekte sind insbesondere für Anleger interessant, die bereits stark in Windkraft engagiert sind und nicht alles auf eine Karte setzen möchten.

Wird Ihr Unternehmen in absehbarer Zukunft weitere grüne Anlagemöglichkeiten anbieten?

Die ABO Invest plant den Erwerb weiterer Windparks zum Beispiel in Finnland. Das finanzieren wir zum einen mit Erträgen aus laufenden Projekten und zum anderen durch die Ausgabe neuer Aktien. In der ersten Jahreshälfte 2017 wird es daher voraussichtlich ein öffentliches Angebot geben. Ansonsten bietet ABO Wind regelmäßig in Kooperation mit örtlichen Sparkassen oder Crowdfunding-Plattformen festverzinsliche Angebote (zum Beispiel „Windsparbriefe“) zu einzelnen Projekten. Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, abonniert am besten unseren viermal jährlich erscheinenden digitalen Newsletter, den „ABO-Windbrief“ (www.abo-wind.com/newsletter)

Lassen sich bereits breite Bevölkerungsschichten für grüne Investments begeistern? Wo muss noch Aufklärungsarbeit geleistet werden, bzw. welche Hemmnisse bestehen aktuell noch?

Das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen ist groß und wächst beständig. Das Problem ist, dass nicht alle Angebote seriös sind. Es tauchen immer wieder halbseidene Anbieter im grünen Mäntelchen auf. Leider beschäftigen sich viele Anleger nicht intensiv genug mit den Angeboten, bevor sie sich engagieren. Wer sich zum Beispiel an erneuerbaren Energien beteiligen möchte, kommt nicht daran vorbei, sich auch mit den unternehmerischen Risiken auseinanderzusetzen. Es gibt ausreichend Quellen, um sich zu informieren - zum Beispiel das Internetportal Ecoreporter (www.ecoreporter.de)

Welchen Beitrag könnte die Politik noch leisten, um nachhaltige Geldanlagen, die gleichzeitig die Energiewende vorantreiben, attraktiver zu gestalten?

Die Politik versucht Anleger vor unseriösen Angeboten zu schützen, indem sie ständig neue Regeln für den Kapitalmarkt erfindet. Leider geht das nach hinten los. Die Gesetze helfen nicht, die Spreu vom Weizen zu trennen, sondern erhöhen den bürokratischen Aufwand für Anbieter. Damit wird es immer schwieriger, die Verwaltungskosten niedrig zu halten und attraktive Anlagen anzubieten. Uns wäre es daher lieber, die Politik würde sich stärker zurückhalten.

Vielen Dank



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